Wenn sich im Zuge einer Kleideranprobe in einem Outlet eine Kundin durch ein übliches Preisschild am Auge verletzt, haftet der Betreiber dafür nicht. So entschied das Landgericht München I und wies die Schmerzensgeldklage ab (Az. 29 O 13848/23).
Eine Kundin hatte im Outlet Store der Beklagten ein T-Shirt probiert. Dabei verletzte sie sich durch ein an diesem T-Shirt angebrachtes Preisschild am rechten Auge. Die Kundin hat gegen den Betreiber des Outlet Stores deswegen Klage erhoben und Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 5.000 Euro gefordert. Der Betreiber des Outlet Stores habe die ihm obliegenden Verkehrssicherungspflichten verletzt, da das Preisschild in seiner Ausgestaltung aufgrund fehlender Sicherung und Erkennbarkeit gefährlich gewesen sei. Das Preisschild habe ihr bei der Anprobe ins Gesicht geschlagen und sie habe dadurch eine erhebliche Verletzung am rechten Auge erlitten. Es sei erforderlich gewesen, an dem verletzten Auge eine Hornhauttransplantation durchzuführen. Bis heute leide sie unter Schmerzen und sei weiterhin in ihrer Sicht eingeschränkt sowie besonders blendeempfindlich. Der Betreiber des Outlet Stores hat eingewandt, bei dem verwendeten Preisschild handle es sich um ein übliches Standardpreisschild in der Größe von ca. 9 cm x 5 cm mit abgerundeten Ecken und einer flexiblen Rebschnur. Die Preisschilder seien durch ihre Größe und das Gewicht des Bündels deutlich fühlbar gewesen. Vergleichbare Fälle von aufgetretenen Verletzungen seien ihm nicht bekannt. Zudem sei es gesetzlich vorgeschrieben, entsprechende Preisschilder an den Waren anzubringen.
Das Gericht gab dem Outlet-Betreiber Recht. Unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt stehe der Kundin ein Anspruch auf Schmerzensgeld zu. Sichernde Maßnahmen seien nur in dem Maße geboten, in dem sie ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren. Dabei müsse der Geschäftsbetreiber nicht für alle denkbar entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge treffen. Es komme vielmehr auch entscheidend darauf an, welche Möglichkeiten der Geschädigte habe, sich vor erkennbaren Gefahrquellen selbst zu schützen. Im hier entschiedenen Einzelfall habe der Betreiber des Outlet Stores den an ihn gerichteten Verkehrssicherungspflichten Genüge getan. Für die Kundin sei das Vorhandensein eines Preisschildes erwartbar und das Treffen eigener Sicherheitsvorkehrungen zumutbar gewesen sei. Nach allgemeiner Lebenserfahrung werfe ein Kunde bereits vor der Anprobe einen Blick auf das Preisschild und könne daher ohne weiteres selbst dafür Sorge tragen, dass er sich bei der Anprobe nicht verletze. Die Forderung der Kundin, gesondert auf das Vorhandensein von Preisschildern an der Kleidung hinzuweisen, hielt das Gericht für lebensfremd und nicht zumutbar.
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Letzte Änderung: 17.09.2024
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